Der etwas andere Golfurlaub- Golf & Hausboot

 

Wenn man so wie ich seit fast dreißig Jahren Weltenbummler in Sachen Golfreisen ist, dann kommen viele Stammkunden auf die Idee: Frag doch mal nach, was er so erlebt hat, sein spannendstes, aufregendstes Erlebnis in Sachen Golf. Nachzudenken brauch ich dann nicht lange: Sommer 2002 - schottische Highlands, Loch Ness / Caledonian Canal: Golf auf Hausbooten.

Ich muss vorausschicken, bevor wir ein neues Reiseziel, in einer unbekannten Region am Markt anbieten, wird detailliert und gründlich recherchiert, auf Machbarkeit und Risiken überprüft. Kontakte zu den Golfanlagen vor Ort suchen, Restaurants begutachten, in Hotels "probeliegen u.v.m., um ja keine Überraschungen zu erleben, die passieren sowieso, aber der Kunde darf es nicht merken.

Eine einwöchige, exklusive Golfgruppenreise auf dem Caledonian Kanal in den Highlands mit einigen Golfrunden, das war die Aufgabenstellung für die geplante Hausboot Tour im folgenden Jahr. In dieser Zeit waren Hausboottouren noch nicht "en vogue", es gab wenige Fahrgebiete in Europa, akzeptable Bootsverleiher europaweit an einer Hand abzuzählen, in Schottland gab‘s ein Unternehmen in der Nähe von Inverness. Schottland sollte es aber sein, aber nicht nur Landschaft gucken und Single Malt trinken sollte auf dem Programm stehen, drei bis vier Runden im Mutterland des Golfs waren gefordert. So "easy going" wie heute, ins Internet und googeln was Sache ist, so einfach war das damals nicht, das bedurfte einer gründlichen Vorplanung und Recherche.

Im Spätsommer 2001, ein Jahr vor der geplanten Reise, machte ich mich auf: Berlin-Calais-Fähre nach Dover, an London, an Glasgow vorbei, nach drei Tagen, 1984 km und 22 Std. reiner Fahrtzeit, Ankunft in Inverness, der Hauptstadt der schottischen Highlands. Auto fahren war damals noch ein relativ überschaubares Vergnügen, viel gesehen unterwegs, Kurzbesuche in Weltklasse-Links wie Royal Lytham & St. Annes, Loch Lomond, Royal Troon und Turnberry zwischendurch "eingestreut", ich hatte mir eine Woche Zeit vor Ort gegeben. Das schottische Hochland kannte ich bis dahin nicht, schottische "Pflichtproramme" allerdings schon, die Region um St. Andrews stand ganz oben auf den Wunschlisten und immer stand und steht eine Runde auf dem Old Course ganz oben auf der Wunschliste, obwohl es dort viel spannendere Plätze gibt, aber die Traditionen und Eitelkeiten.....

Diesmal sollte es mal etwas anderes sein, abseits der Trampelpfade und der Superplätze auf der Weltkarte des Golfs, wo die sportlich ambitionierten Golfer ein Erledigungshäckchen machen.

Wildes schottisches Hochland, da stand ich nun an einem Samstag im September, "in the middle of nowhere" in einer Marina mitten in einem der vielen Seen, die hier Lochs heißen, im Hintergrund hohe Berge, die sie hier Bens nennen und schaute dem wuseligen Treiben von ankommenden und abfahrenden Hausbooten fasziniert zu. Die Ankommenden schleppten aus ihren parkenden Autos viele Kisten an, Proviant für eine Woche, ich sah viel Nudeln und Konserven, viel Bier- und Weinflaschen, sah Servicepersonal Bettwäsche, Handtücher und viel Hausrat auf die Boote schleppen, alles was man braucht für ein paar Tage außerhalb jeglicher Zivilisation (letzteres war ein Trugschluss, doch davon später). Ich sah wie Boote rausfuhren, schön langsam, trotzdem in Schlangenlinie, unerfahrene Freizeitkapitäne, wie es schien, die Boote können ja auch ohne Bootsführerschein angemietet werden. Es schien jedoch einfach zu sein, denn nach kurzer Zeit der Einweisung machten sich einige Boote auf in Richtung Fort Williams. Golfbags sah ich keine, kein einziges, was mich ehrlich gesagt etwas beunruhigte, wusste ich doch dank schottischem Golfführer, dass einige am Caledonian Canal liegen sollten. Also, wie sagt man auf gut berlinisch: die Sache musste ausbaldowert werden.

Der Caledonian Canal, in den ersten Jahrzenten des 18. Jahrhunderts, ursprünglich für die Berufsschiffahrt gebaut, ist eine ca. 100 km lange Wasserstraße, die im von Inverness an der Nordsee-Ostküste bis nach Fort William am Atlantischen Ozean an der Westküste führt. Insgesamt 29 Schleusen überbrücken die Höhenunterschiede, die spektakulärste Schleuse mit fünf Staukammern liegt in Fort Augustus. Ein grandioses Erlebnis für hunderte von Zuschauern dem fast zwei Stunden langen Schleusenvorgang zuzuschauen, faszinierend für die Freizeitkapitäne einschließlich Ihrer Besatzung von hoch oben aus dem Kanal runter geschleust zu werden in das sagenumwobene Loch Ness und später dann auf der Rückfahrt wieder hoch. Es gab viel zu sehen auf der Recherchefahrt ohne Boot, aber sehr notwendig, bei dem Programm, was in Planung stand. Ich fuhr in diesen Tagen der Recherche den Kanal und das Loch Ness komplett ab, besuchte jede Schleuse, prüfte die Schleusungszeiten, die Restaurants am Ufer, Anlegemöglickeiten, Fahrtzeiten bei An- und Abreise am Flughafen Inverness und die machbaren Transferzeiten, Einkaufsmöglichkeiten für Proviant. Es gab wirklich viel zu bedenken.

Anfang Dezember stand das Programm, der Reiseflyer noch vor den Weihnachtstagen werbetechnisch fertig zum Versand. Ende Januar hatten wir Anmeldungen für zwölf!!! Boote, mit fast vierzig!!! Golfer_innen, da wurde mir doch ein wenig mulmig. Selektion ist das falsche Wort, aber irgendwas musste passieren, wusste ich doch, es passen nur neun Boote in drei Dreierpacks in die Schleusen. Startzeiten für die Gruppe wäre sicher machbar gewesen bei dem Vorlauf, aber nicht alle Golfclubs hatten dort oben im Hochland genügend Trolleys, von E-Cars ganz zu schweigen, die Schotten tragen ihr Bag in der Regel, darüber hinaus vierzig Personen mit Golfbags auf einer kleinen Maschine auf dem Zubringerflug London Heathrow nach Inverness, das hätte nicht funktioniert. Ich möchte es etwas abkürzen, an einem Freitag Ende August 2002 flogen 22 Personen nach Glasgow, mit Direktflug aus BER, MUC und FRA. Geplant war ursprünglich ein Samstag als Anreisetag. Das hätte bei dem knappen Zeitrahmen auf Grund der Transportkapazität, den verschieden Flugankunftszeiten in Inverness und den zwingend notwendigen Vorbereitungen vor Ort nicht geklappt. Es musste ein Puffertag dazu, was sich im Nachhinein als großartiges Naturerlebnis herausstellte. Die Busfahrt von Glasgow nach Inverness war mit vier Stunden Fahrtzeit angegeben. Was sich auf den ca. 180 km Fahrtstrecke an Naturschauspielen bot, war an Naturspektakel nicht zu überbieten. Vorbei und durch mehrere Naturparks an zahlreichen Lochs und Wasserfällen vorbei, rechts und links unberührte Berglandschaften, rechts lag Großbritannien höchster Berg, Skigebiet im Winter und dazu dieses einmalige Licht, was man in dieser Klarheit nur hier oben im Norden erleben kann. Kräftige Regenschauer mit gigantischen Regenbögen, wechselten kurzfristig ab mit strahlender Sonne, die Farben in allen Grüntönen. Reiseziel des ersten Tages war Oban, Hafenstadt und Tor zu den Hebrideninseln, der Liebhaber des echten schottischen Malt Whisky auch bekannt durch den Oban Whisky, einer Besten der Torfvarianten. Der Besuch mit Führung und Probedrink war für den Spätnachmittag eingeplant. Ich erlebe das auf vielen Schottland Reisen und ebenso vielen Besuchen von namhaften Destilleries immer wieder, hier oben mit ein paar Tropfen Quellwasser, versetzt selbst Nichttrinker in Verzückung. Ist es die Luft, das Wasser, das Ambiente, die Umgebung, die Natur?

Übernachtet wurde in einem viktorianischen Hotel mit wunderschönem Blick auf die Oban Bay und die Insel Kerrera. Frühes Aufstehen, volles Programm war angesagt: Weiterfahrt zur Marina, zwischendurch Großeinkauf in einem Supermarkt in Oban. Überquellende Tüten und Kisten mit allem was man so braucht in einer Woche für die eigene Crew. Mit ächzenden Bushinterachsen dann kurze Fahrt zum Bootshafen Laggan. Was ich dann im September 2001 beobachtet hatte, jetzt, ein Jahr später, war unsere Truppe am Werk, schleppen, auspacken, einrichten und dann der große Moment, erste Ausfahrt, alle, bis auf ein Boot alles Landratten, keine Bootserfahrung. Es war eine Frage von nur wenigen Minuten: Rumms zu viel Gas, ungewohnte Lenkeigenschaften und das erste Boot lag auf den Anlegerplanken wie ein Fisch, der nach Luft schnappt. Panik! In aller schottischen Gemütsruhe kam der Servicespezialist angeschlendert und fragte nach einer Flasche Olivenöl. Die war selbstverständlich an Bord, Pasta ist ja schließlich das Lieblingsgericht. " Habt Ihr Öl", so die Frage. "Kippt bitte die ganze Flasche mal zwischen Holzplanken und Bug", so seine Anweisung. Erstaunte Blicke, ein paar Mal vor und zurück und schon war das Boot wieder frei. Sündhaft teures "extra virgin olive oil", schwamm nun im Loch Lochy, aber die Erleichterung des Freizeitkapitäns war förmlich zu spüren. Er war dann auch abends im The Eagle Inn, ein als genialer Pub umgebauter Schleppkahn als Erster angetütert, diesmal war es zu viel Dalwhinnie, ein weiterer köstlicher Single Malt aus den Highlands, von der Sorte von denen auf der Tour noch einige getrunken, aber auch verschenkt wurden und zwar an die Schleusenwärter, die bereits am ersten Tag wussten: da kommen die "German grazy golfers", der Ruf ging uns die ganze Woche voraus, zum ersten Mal eine deutsche Gruppe Golfer mit neun Booten auf dem Caledonian Canal. Freude, Sympathie und übergroße Hilfsbereitschaft bei allen Schleusengängen. Immer wieder war festzustellen, unsere Gruppe wurde stets zuerst bedient, auch wenn mancher englische Segler vor uns in der Warteschlange lag, die neun Boote hatten irgendwie Narrenfreiheit, bis auf einmal, im Loch Ness Hafen von Drumnadrochit. Auf dem Loch Ness war Sturm angesagt, das Wasser schon recht kabbelig, sucht Schutz war die Devise. Die sehr enge Marina bereits recht voll, Ankern in Dreierpaket war angesagt. Ein forscher Freizeitkapitän rammte eine schnittige, elegante, teure, englische Segelyacht. Nach erstem Ärger der Engländer und ein paar Telefonaten und Austausch von Papieren und Versicherungsangaben wurde auch das bei einem Drink, diesmal war es ein mitgebrachter Riesling aus Deutschland, friedlich und völkerverbindend geregelt.

Vier Runden Golf wurden auch gespielt, auf bei uns unbekannten, aber großartigen Golfplätzen, wie Fort William, Fort Augustus, Strathpeffer GC, Muir of Ord und zum Schluss das Highlight, Castle Stuart Golf bei Inverness, unter den Top 10 in Schottland, sündhaft teuer, aber jeden Penny wert. Diese Reise war der Anfang von insgesamt fünf Golf-Hausboottouren in den schottischen Highlands.

Die Strukturen aller derartiger Reisen sind mehr oder weniger gleich, ich hab inzwischen insgesamt zwölf Hausboot-Golftouren begleiten dürfen, in Schottland, Irland, Frankreich, Mecklenburger Seenplatte, vorletztes Jahr in der Lagune von Venedig und auf dem Brenta Kanal, doch von dieser sehr aufregenden Bootstour muss ich später mal ausführlich berichten, sehr spannend, grandios, jedoch zeitweise nicht so "easy going" wie bei den sympathischen Schotten.

Klaus Wördehoff

Juni 2020

Klaus Wördehoff, begleitet Gruppenreisen in der ganzen Welt seit über 30 Jahren


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